Bedingt durch den Fachkräftemangel und die rechtlichen Anforderungen an die sichere Durchführung von Veranstaltungen gibt es in den Theaterbetrieben immer wieder personelle Engpässe. Demnach stehen nicht ausreichend viele Meister für Veranstaltungstechnik oder andere nach § 39 MVStättVO aktiv legitimierte Fachkräfte zur Verfügung, die die Funktion eines Verantwortlichen für Veranstaltungstechnik übernehmen können. Die sicherheitstechnischen Folgen und rechtlichen Probleme, die dieser Personalmangel verursacht, reichen bis zu Vorstellungsausfällen.
Nach eingehender rechtlicher und fachlicher Prüfung haben der Deutsche Bühnenverein – Bundesverband der Theater und Orchester, die bühnenwerk GmbH und die Deutsche Theatertechnische Gesellschaft eine Zertifikatsfortbildung konzipiert, die es möglich macht, innerhalb eines Jahres Teilnehmende zum „Berufsspezialist für Theatertechnik“ zu qualifizieren. Es handelt sich hierbei nicht um geprüfte Berufsspezialisten im Sinne von § 53a Berufsbildungsgesetz (BBiG), sondern um zertifizierte Berufsspezialisten auf Basis der DIN EN ISO/IEC 17024.
Der Einsatz dieser Berufsspezialisten erfolgt im Vorstellungsbetrieb nicht gemäß § 39 Abs. 1 MVStättVO, da es hierfür aktuell keine Aktivlegitimation gibt. Mit der Qualifikation ist vielmehr beabsichtigt, diejenigen Mitarbeitenden, die in den Ausnahmetatbeständen des § 40 Abs. 5 MVStättVO schon jetzt auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung der Theaterleitungen eingesetzt werden können, umfassender zu qualifizieren.
Zielgruppe sind insbesondere Personen mit einschlägiger Berufs- und Bühnenerfahrung im Theater. Das Zertifikat dient den Theaterleitungen als Hilfestellung für die Auswahl einer geeigneten Person für die Übernahme der vorgenannten Tätigkeiten, die dann auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung erfolgt. So kann in der Praxis ein Berufsspezialist die Produktion unter Verantwortung eines formal qualifizierten Veranstaltungsmeisters bis zur Generalprobe betreuen. Nach der Premiere übernimmt dann wieder der Berufsspezialist für die nachfolgenden Veranstaltungen auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung. Der Einsatz erfolgt nach § 40 Abs. 5 MVStättVO bzw. den entsprechenden Landesverordnungen.
Die neue Qualifikation „Berufsspezialist für Theatertechnik“ ist auf die Arbeit in Theaterbetrieben ausgerichtet. Darüber hinaus werden auch Meister für Veranstaltungstechnik angesprochen, die sich in Bezug auf theaterspezifische Anforderungen fortbilden möchten. Das zielt insbesondere auf Meister ab, die aus einer anderen Veranstaltungsrichtung in den Theaterbereich wechseln möchten. Der Lehrplan für die Qualifikation zum Berufsspezialisten für Theatertechnik beinhaltet die Erlangung von Kompetenzen, die in der aktuellen Ausbildungsordnung der Meister für Veranstaltungstechnik teilweise nicht mehr inkludiert sind, da sie durch Kompetenzen in den Bereichen Projektmanagement, Personalorganisation und betrieblichem Management ersetzt wurden.
Die Prüfung und Zertifizierung der Berufsspezialisten für Theatertechnik erfolgt durch die Deutsche Theatertechnische Gesellschaft und den Deutschen Bühnenverein. Die Schulungen der Fortbildung „Berufsspezialist für Theatertechnik“ beginnen im September 2023. Die Prüfung des ersten Jahrgangs ist für den Sommer 2024 geplant, so dass die ersten Absolventen bereits in der Spielzeit 2024/2025 eingesetzt werden könnten.