Start Business So geht Nachhaltigkeit beim Summer Breeze Festival

So geht Nachhaltigkeit beim Summer Breeze Festival

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Nachhaltigkeit wird zunehmend zum zentralen Wirtschaftsfaktor und erfordert von Unternehmen eine ganzheitliche Strategie, die über punktuelle Maßnahmen hinausgeht. Das Klimaschutzgesetz verpflichtet zur deutlichen Reduktion von Treibhausgasemissionen, während gleichzeitig die öffentliche Wahrnehmung nachhaltiger Unternehmensführung kritischer denn je ist. Besonders in der Veranstaltungswirtschaft – von Musik- und Showveranstaltungen über Messen und Kongresse bis hin zu Corporate Events – zählt nicht nur ein „grünes“ Image, sondern glaubwürdiges, ressourcenschonendes Handeln. Effizienzsteigerungen durch den gezielten Einsatz von Materialien, Energie und nachhaltigen Partnern bieten dabei nicht nur ökologische Vorteile, sondern auch wirtschaftliche Potenziale in einem Markt, der zunehmend auf nachhaltige Wertschöpfung setzt.

Vor diesem Hintergrund wurde die Nachhaltigkeitsberatung 2bdifferent vom Festivalveranstalter Silverdust beauftragt, einen kritischen Blick auf das Summer Breeze Open Air zu werfen. Unter nachhaltigen Gesichtspunkten sollte ein vollständiges Bild gewonnen werden, das es ermöglicht, einen Handlungsrahmen für die zukünftigen Festivals festzulegen und zu optimieren. Dazu Minou Alirezazadeh von Silverdust: „Es gibt einige Dinge, die wir gemeinsam in Angriff nehmen müssen, damit es Festivals noch lange gibt. Eine besonders wichtige Rolle spielt dabei, wie wir miteinander und mit unserer Umwelt umgehen.“

Minou Alirezazadeh (Foto: Silverdust)

Analysiert hat Paolo-Daniele Murgia von 2bdifferent die für Nachhaltigkeit relevanten Aktivitäten und Maßnahmen beim Summer Breeze Open Air, dessen 25. Ausgabe vom 13. bis 17. August 2024 in Sinnbronn bei Dinkelsbühl stattfand. Das mit Ausnahme der Jahre 1998, 2020 und 2021 seit 1997 jährlich stattfindende Metal-Festival auf dem Flugplatz des Aeroclubs Dinkelsbühl ist mit rund 45.000 Besuchern eines der größten Metal-Festivals in Deutschland. Jedes Jahr treten hier die Größen aus den Bereichen Death Metal, Hardcore Punk, Metalcore und Thrash Metal auf.

„Seit zwei Jahren setzen wir bereits das Konzept ‚Less Trash More Thrash‘ um, in dem verschiedene Handlungsfelder im Zuge der Nachhaltigkeit bearbeitet werden“, so Minou Alirezazadeh. Dazu zählt das Abfallmanagement. Bestandteile sind vorgefertigte Packages mit gelben und schwarzen Müllsäcken, über 50 Müllstationen auf dem gesamten Gelände, Recycling-Stationen und das Entsorgungsteam Thrasher. Minou Alirezazadeh: „Wir hatten 2024 ein Müllaufkommen von 125 Tonnen und somit wieder eine Reduzierung um 20 Tonnen im Vergleich zum letzten Jahr – und sogar noch besser getrennt. Mit unserem Appell an Foodsharing konnten wir doppelt so viele Lebensmittel wie ein Jahr zuvor retten und an den Dinkelsbühler Tisch spenden. Beim ‚Crowdpfanding – Pfand spenden und Gutes tun‘ wurden 300.000 Dosen und Flaschen gesammelt und die Erlöse gespendet. Und mit Unterstützung von Metality kamen an den dezentralen Sammelstationen 200 gut erhaltene Schlafsäcke, Isomatten und Zelte zusammen, die wir an Obdachlosenorganisationen weitergeleitet haben.“

Diese Ergebnisse gilt es auszubauen. Minou Alirezazadeh: „Unser Ziel im ersten Jahr der Zusammenarbeit mit 2bdifferent war so formuliert, dass wir nun einen möglichst detaillierten Überblick über die nachhaltige Performance des Festivals bekommen. Auf dieser Basis soll dann im nächsten Schritt eine Sustainability Roadmap entstehen, die alle beschlossenen Maßnahmen in einen zeitlichen Rahmen und eine übersichtliche Struktur bringt.“

Paolo-Daniele Murgia (Foto: 2bdifferent)

Paolo-Daniele Murgia: „Silverdust will die Nachhaltigkeits- und Umweltaspekte bei der Planung, Umsetzung und Nachbearbeitung künftig verstärken. Das Summer Breeze Open Air soll dabei kontinuierlich nachhaltiger und verantwortungsbewusster realisiert werden. Gewünscht dafür sind klar definierte Ziele und eine nachvollziehbare Dokumentation der Prozesse, um über messbare, deutliche Fortschritte zu einem nachhaltigen Erfolg zu kommen.“

Das lässt sich nicht kostenneutral umsetzen und wird zu einem erhöhten finanziellen Aufwand führen, der weder zu Lasten der Veranstalter noch der Festivalbesucher gehen soll. „Hier ist sowohl unsere Kreativität gefragt als auch das Engagement unserer Gäste, sich mit den Herausforderungen nachhaltiger Festivals auseinanderzusetzen und dabei auch selbst aktiv zu werden“, sagt dazu Minou Alirezazadeh. „Wir haben darüber schon mit Acts und Besuchern gesprochen, die für diese Überlegungen sehr aufgeschlossen waren. Kritische beziehungsweise ignorante Stimmen gab es natürlich auch, was sich bei mehreren zehntausend Besuchern wohl nicht ausschließen lässt.“

Damit das Summer Breeze Open Air zukünftig nachhaltig veranstaltet werden kann, denkt Silverdust darüber nach, ein eventspezifisches Nachhaltigkeitsmanagementsystem gemäß ISO 20121 einzuführen, um die Umweltbelastungen durch das Summer Breeze Open Air sowie seine ökonomischen und sozialen Auswirkungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette in den Griff zu bekommen.

„Wir haben dafür zunächst eine Basisanalyse erstellt, um die optimierbaren Nachhaltigkeitsziele definieren zu können“, fasst Paolo-Daniele Murgia die Vorbereitungen zusammen und lobt dabei das große Interesse bei Silverdust, sich intensiv mit dem Thema eines nachhaltigen Open-Air-Festivals auseinanderzusetzen und nach Lösungen zu suchen.

Für diese Basisanalyse nutzte Paolo-Daniele Murgia das von 2bdifferent entwickelte Analysesystem „Sustainfestival“, mit dem sich ein Großteil der Nachhaltigkeitsindikatoren ermitteln lässt. „Sustainfestival“ berücksichtigt unterschiedliche Normen und Nachhaltigkeitssysteme wie ISO 20121, ISO 26000 für unternehmerisches Nachhaltigkeitsmanagement, ISO 18040 zur Barrierefreiheit oder auch ISO 14001 für betriebliches Umweltmanagement, dazu Elemente aus EMAS, Social Accountability gemäß SA 8000 und die 17 Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen. Auf eine CO2-Bilanzierung wurde zunächst verzichtet und für das Summer Breeze Open Air 2025 eingeplant.

Die Inhalte, nach denen in der Basisanalyse gefragt wurde, bestehen aus nachhaltigen Methoden und Vorgehensweisen, die von Unternehmen praktiziert werden können und zum Teil für Festivals und andere Veranstaltungen spezifisch sind. Dabei wurde ein Großteil der Handlungsfelder, die für die nachhaltige und umweltgerechte Gestaltung eines Events relevant sind, berücksichtigt und analysiert – also Veranstaltungsort, Mobilität, Catering, Energiemanagement, Ver- und Entsorgung, Wassermanagement, Mitarbeiter, Unternehmen oder auch Inklusion, um so mögliche Handlungspotenziale zu definieren. Letzteres bezieht sich beispielsweise sowohl auf eine barrierefreie Wegeführung als auch die Zugänglichkeit beziehungsweise Teilhabe am Bühnengeschehen.

Diese Basisanalyse ermöglicht nun dem Veranstalter und seinem Team eine systematische Herangehensweise an das komplexe Thema „Nachhaltiges Eventmanagement“ und unterstützt die strategische Entscheidungsfindung. Paolo-Daniele Murgia: „Mit dem ‚Less Trash More Thrash‘-Konzept hat das Summer Breeze Open Air bereits den ersten wichtigen Schritt für ein Festival mit mehr Ökologie getan, mit dem die Besucher für ein nachhaltigeres Verhalten sensibilisiert und motiviert werden konnten.“

Dem sollen nun weitere Nachhaltigkeitsmaßnahmen in den Bereichen Ökologie, Ökonomie und Soziales folgen. Ein Strategiepapier wurde bereits erarbeitet, ebenso ein Code of Conduct. Mit Minou Alirezazadeh steht beim Summer Breeze Open Air eine Verantwortliche für eventspezifische Nachhaltigkeit bereit. Sie wiederum würde sich freuen, wenn „Festival-Ökologie“ nicht nur isoliert beim Summer Breeze Festival eine Rolle spielt, sondern auch auf anderen Open-Air-Veranstaltungen. Minou Alirezazadeh: „Leider gibt es noch keinen Erfahrungsaustausch mit anderen Festivals. Ich bin mir sicher, dass es in diesem Segment sowohl national als auch international gleiche oder ähnliche Herausforderungen gibt und würde mir daher wünschen, dass wir künftig zusammen sprechen, um gemeinsam zu noch besseren Lösungen zu kommen.“