In einer nun veröffentlichten Stellungnahme zum Thema „ Zufahrtsschutz bei Veranstaltungen“ appelliert der Bundesverband Veranstaltungssicherheit (bvvs) an alle Beteiligten, den Zufahrtsschutz mit Bedacht zu fordern und bei Bedarf unter Berücksichtigung der genannten Kriterien zu planen. Dabei gehe es darum, sowohl die Sicherheit als auch die Durchführung kultureller Veranstaltungen weiterhin in der uns gewohnten Vielfalt zu gewährleisten.
„Der Zufahrtsschutz bei Veranstaltungen ist seit den Anschlägen im Jahr 2016 ein immer wichtigeres Thema geworden. Die jüngsten Anschläge unter Einsatz von Fahrzeugen als Tatmittel haben das Thema Zufahrtsschutz erneut in den Mittelpunkt sicherheitsbehördlicher und öffentlicher Aufmerksamkeit gerückt. Dies hat dazu geführt, dass von verschiedenen Stellen häufiger Zufahrtsschutzmaßnahmen gefordert werden – oftmals jedoch ohne belastbare Risikoanalyse, sondern eher als Reaktion auf eine allgemeine Verunsicherung.
In der Folge häufen sich aktuell zunehmend Berichte über Veranstaltungen, die abgesagt werden, weil die finanziellen und organisatorischen Belastungen durch solche Maßnahmen weder für Kommunen noch für Veranstaltende als tragbar gesehen werden. Diese Entwicklung ist aus Sicht des Bundesverband Veranstaltungssicherheit bedenklich und keineswegs zielführend, da sie grundlos zur Erosion des kulturellen Angebots beiträgt. Statt unreflektierter, teilweise überzogen wirkender Maßnahmen sind pragmatische und angepasste Lösungen gefragt.
Wie alle Sicherheitsmaßnahmen, die sich aufgrund einer entsprechenden Risikoanalyse ergeben, müssen ebenso Maßnahmen des Zufahrtsschutzes zur Erreichung des jeweils bestimmten Schutzziels geeignet, erforderlich und für die jeweiligen Verantwortlichen angemessen sein. Fehlende Rechtsgrundlagen sowie die bisherige Rechtsprechung lassen diverse offene Fragestellungen im Raum, auch zur finanziellen Verantwortung“, heißt es in der Stellungnahme.
Die ersten Schritte zur Beurteilung der Erforderlichkeit eventueller Maßnahmen seien die Bildung möglichst konkreter Schutzziele und eine daran anknüpfende professionelle Risikoanalyse aller diesbezüglichen Gefährdungen, wie Unfallgeschehen, unberechtigte Zufahrten, Amok- und Terrortaten. Nur wenn konkrete Risiken identifiziert würden, dürfen angemessene Schutzmaßnahmen in Erwägung gezogen werden. Eine differenzierte Betrachtung der Risiken samt Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit von gezielten Straftaten sei essenziell, um unverhältnismäßige Forderungen und nicht zumutbare Kosten für Veranstaltende zu vermeiden.
Konkrete Forderungen nach Zufahrtsschutzmaßnahmen im Rahmen von Genehmigungsverfahren für Veranstaltungen müssten zur Zielerreichung geeignet, erforderlich und angemessen sowie begründet sein. Unverhältnismäßige Anforderungen an Zufahrtsschutz führten dazu, dass Auflagen seitens der Genehmigungsstellen anfechtbar werden und Veranstaltende (wie aktuell oft wahrnehmbar) Veranstaltungen aus Kostengründen präventiv absagen. Wenn eine Behörde eine Maßnahme verlange, die für die Veranstaltenden unzumutbar ist, bedeute dies rechtlich gesehen nicht automatisch, dass die gesamte Veranstaltung unzumutbar wird – sondern dass die geforderte Maßnahme durch die Veranstaltenden abgelehnt werden kann. Aktuell führten derartige Differenzen zwischen Behörden und Veranstaltenden aber zumeist zu fehlendem Einvernehmen über die Sicherheitskonzeption und dem Versagen einer erforderlichen Gestattung.
Eine schutzzielorientierte Abwägung der Kosten, der betrieblichen Machbarkeit und der Verhältnismäßigkeit unter Betrachtung der Zuständigkeiten für polizeiliche und nichtpolizeiliche Gefahrenabwehr müsse integraler Bestandteil der Planung und entsprechender Forderungen sein. Inwieweit Forderungen zielführend sind, dass nur zertifiziertes Material zum Schutz vor unberechtigten Zufahrten zum Einsatz kommen darf, sei strittig. Zertifizierungen stellten Leistungsnachweise dar, die die Funktionalität unter spezifischen Testbedingungen belegen und es erlauben, die am Markt verfügbaren Systeme zu vergleichen. Auch Systeme, die nicht explizit als Zufahrtsschutz zertifiziert sind, könnten unter Berücksichtigung der Rahmenparameter und des Schutzziels zielführend sein.
„Wird die Entscheidung getroffen, Zufahrtsschutzmaßnahmen zu etablieren, so müssen diese mit einem professionellen Konzept, das sich am Stand der Technik orientiert, geplant und abgestimmt werden. Dazu sollten Fachplanende oder Behördenmitarbeitende mit entsprechender Expertise beauftragt und eingesetzt werden. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass es derzeit keine formale Qualifikation für entsprechende Sachverständige gibt. Aktuell erarbeitet der bvvs eine Handlungshilfe zur Erstellung von Zufahrtsschutzkonzepten, die in den kommenden Wochen veröffentlicht wird.
Wir appellieren an alle Beteiligten, den Zufahrtsschutz mit Bedacht zu fordern und bei Bedarf unter Berücksichtigung der genannten Kriterien zu planen, um sowohl die Sicherheit als auch die Durchführung kultureller Veranstaltungen weiterhin in der uns gewohnten Vielfalt zu gewährleisten“, so der bvvs abschließend. Zur vollständigen Stellungnahme geht es hier.