Outernet ist eine spektakuläre Location in London, die seit Herbst letzten Jahres für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Mit der nach eigenen Angaben weltweit größten raumfüllenden Screen-Installation bietet das Gebäude einen medialen Erlebnisraum als Kernelement eines neuen Kulturviertels im Londoner Stadtteil Soho. Outernet lässt sich auch für Events nutzen, beispielsweise für Produkteinführungen, interaktive Ausstellungen, Streaming-Events und TV-Übertragungen.
Wir haben mit Christian Massmann von Qvest über das Projekt gesprochen. Das Unternehmen Qvest mit Hauptsitz in Köln war mit der übergreifenden technischen Medienplanung sowie Inbetriebnahme als Systemintegrator maßgeblich in das Projekt eingebunden.
BlachReport: Was ist Outernet überhaupt?
Christian Massmann: Outernet ist eine sehr innovative Event-Location im Herzen von London. Um sie zu beschreiben, gibt es eigentlich mehrere Antworten – abhängig davon, wer gefragt wird. Aus meiner Perspektive ist Outernet zuerst einmal ein medialer Erlebnisraum, den es so noch nie gegeben hat. Ich würde es als das aktuell größte immersive Entertainment-Angebot weltweit bezeichnen. Unser englischer Vertriebsleiter spricht vom ‚Piccadilly Circus auf Steroiden‘. Ein Veranstalter würde Outernet wohl als Konglomerat aus unterschiedlichsten Flächen bewerten, die alle so ausgestattet sind, dass dort ohne große Vorlaufzeiten jede Variante von innovativen Events durchgeführt werden können. Damit sind Inszenierungen möglich, die vollkommen neu sind und im Grunde genommen kaum noch gestalterische Grenzen kennen. Und der Besucher ist immer mittendrin und elementarer Bestandteil einer Inszenierung. Dafür gibt es bei Outernet in London eine räumliche Aufteilung, die sogenannten Spaces, und zusätzliche Pop-up Spaces für temporäre Inszenierungen und Events. Wie gesagt, es gibt unterschiedliche Sichtweisen.
BlachReport: Wie kann man sich diese Spaces vorstellen?
Christian Massmann: ‚Now Building‘ ist der größte Event-Space mit 14 Metern Höhe. Die Besucher sind umgeben von Videowänden, deren Wirkung mit einem immersiven Sound-Erlebnis noch verstärkt wird. Eine Nummer kleiner ist der Space ‚Now Trending‘ für kleinere Präsentationen und Events. Und dann gibt es noch die ‚Now Arcade‘. Das ist quasi der Tunnel, der Outernet direkt mit der Denmark Street verbindet und von außen sehr gut einsehbar ist. Letztlich ist dieser Tunnel auch wie ein medialer Magnet, der die Besucher regelrecht ins Gebäude hineinzieht. Der Tunnel ist ausgestattet mit Screen-Elementen links, rechts, oben, unten sowie Sound-Installationen und umgibt den Besucher so ebenfalls mit Multimedia-Eindrücken.
BlachReport: Wie kam es zu diesem Projekt und wie waren die technischen Anforderungen definiert?
Christian Massmann: Outernet ist entstanden mit dem Ziel, einen der kulturell traditionsreichsten Stadtteile von London neu zu beleben. Initiator ist der britische Investor Lawrence Kershaw, der als einer der wichtigsten Akteure auf dem Immobilienmarkt von Soho und Covent Garden gilt. Lawrence ist aber nicht nur ein Immobilienentwickler, sondern auch ein Philanthrop und großzügiger Spender für Wohltätigkeitsorganisationen. Sein Ziel war es, aus diesem Stadtteil rund um die Denmark Street und Tottenham Court Road einen attraktiven Ort für Kultur, Medien und Entertainment wiederzubeleben, denn in diesem Distrikt wurden in den 60er- und 70er-Jahren aus Talenten Rockstars von Weltrang. In der Denmark Street hat David Bowie sein erstes Album produziert, die Rolling Stones haben hier ihr erstes Album eingespielt, Johnny Rotten hat hier gelebt und Elton John seinen ersten Welthit geschrieben. Im Laufe der Jahre und der letzten Jahrzehnte hat sich dieses Viertel dann eher rückentwickelt. Wir sind dann mit Qvest dazugekommen, als es darum ging, das verbindende Element zwischen Architektur und Funktion zu schaffen und wurden dafür vom Management der Sky Group empfohlen, mit dem wir seit langem in UK und in Deutschland zusammenarbeiten.
BlachReport: Du hast über das Thema Immersion und immersive Erlebnisse gesprochen. Welche Möglichkeiten ergeben sich daraus für Entertainment und Brands?
Christian Massmann: Zunächst mal ist es so, dass in Outernet London tatsächlich die bislang voneinander getrennten Ebenen von Erlebnis und Interaktion miteinander verschmelzen. Das heißt, es gibt nicht mehr unterschiedliche Medien, sondern alles wird zu einem einzigen Erlebnis für alle Sinne. Die Fokussierung von Content auf ein bestimmtes Zielmedium und die daraus entstehende gestalterische Limitierung fallen dabei weg. Das bedeutet für die Kreativen, dass sie gestalterisch komplett anders denken können. Wie das funktioniert, konnten bereits erste Veranstaltungen wie die Unicef-Gala, der Welt-Aids-Tag oder eine Veranstaltung anlässlich des Formel-1 Rennens in Silverstone belegen, bei der die multimedialen Inszenierungen einen bedeutenden Anteil am Erfolg dieses Event-Erlebnisses für die vielen Gäste vor Ort hatten.
BlachReport: Diese Veranstaltungen fanden ja bereits vor der offiziellen Eröffnung von Outernet statt. Welche logistischen Herausforderungen brachte das für Qvest?
Christian Massmann: Eigentlich gab es für uns zwei wesentliche technologische Herausforderungen. Wir sind zu einem Zeitpunkt im Projekt eingestiegen, als schon relativ viel geplant und angedacht war. Es gab damals viele Fragmente und sehr viele ‚Silos‘. Für uns bedeutete das zunächst, viele dieser ‚Silos‘ zugunsten einer leistungsfähigen technologischen Integration aufzulösen, um so die Ziele erreichen zu können, die von den Investoren beabsichtigt waren. Gravierend war für uns natürlich die pandemische Situation in Zusammenhang mit dem Brexit und allem, was dazu gehört: Mitarbeitende, Equipment, Installation vor Ort – allein diese Faktoren sind logistisch und organisatorisch natürlich von größter Bedeutung. Insofern mussten wir uns ständig der Frage stellen, an welchen Stellen im Zeitplan es welche Risiken gibt. Wir haben zu der Zeit eigentlich tatsächlich nur in ‚Worst Case Szenarien‘ gedacht und dementsprechend geplant. Das Netzwerk haben wir zum Beispiel komplett unter Laborbedingungen bei uns in Köln aufgebaut und vorab in Betrieb genommen. Wir mussten uns auch entschieden, mit Blick auf den Lockdown vor Ort, ausschließlich mit lokalen Ressourcen zusammenzuarbeiten, die eben dann nicht von Einreisebeschränkungen betroffen sind. Das war alles andere als einfach – gerade bei einem technologisch so komplexen Projekt. Aber unser Team hat die Herausforderungen großartig gemeinsam mit Outernet und allen Tech-Suppliern gemeistert.
BlachReport: Ist dieses Projekt jetzt so etwas wie eine Referenz und eine Steilvorlage für andere Investoren, die so etwas auch haben wollen – ob in Los Angeles, in Las Vegas, in Berlin oder wo auch immer?
Christian Massmann: Aus unseren Gesprächen wissen wir, dass die Outernet Investoren sehr angetan vom Ergebnis und begeistert vom Erfolg sind. Insofern verwundert es vielleicht nicht, dass es schon Ideen gibt und weitere Outernet-Projekte weltweit in der Planung sind. Diskutiert wird gerade über New York, Los Angeles, Sao Paulo und Dubai. Natürlich freuen wir uns bei Qvest, wenn wir auch da wieder Teil des Teams sein können. Grundsätzlich scheinen vergleichbare Entertainment Venues derzeit ein Trend zu sein. Interesse gibt es sowohl im kulturellen Bereich als auch für werbetreibende Unternehmen und ihre Brands. Ich kann mir auch vorstellen, dass wir eine ähnliche Entwicklung im Sport erleben werden, wo es ja ebenfalls darum geht, wie sich die Aufenthaltsdauer der Besucher in einer Venue zur Erzielung weiterer Erlöse verlängern lässt.
BlachReport: Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen.