Die im 18. Jahrhundert errichtete Staatsoper Unter den Linden in Berlin wurde in den letzten Jahren umfassend generalüberholt, saniert sowie baulich, akustisch und medientechnisch erweitert. Nach der symbolischen Wiedereröffnung zum Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 2017, wurde die Staatsoper erneut geschlossen, um die komplexe Technik an die Erfordernisse des Opernbetriebs anzupassen.
Seit Anfang Dezember läuft der reguläre Spielbetrieb wieder. Für die Erneuerung der Medientechnik in der Staatsoper zeichnete eine Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus den beiden Systemintegratoren Amptown System Company (ASC) als ARGE-Führer und Salzbrenner Media verantwortlich. Während das Stuttgarter Architekturbüro hg merz mit den denkmalgerechten Umbau- und Sanierungsarbeiten befasst war, wurden die Akustikingenieure von Peutz Consult Berlin mit der Erweiterung der Raum- und Gebäudeakustik beauftragt. Letztere hoben durch bauliche und akustische Maßnahmen die Nachhallzeit im Hauptsaal von ehemals 1,1 auf nun 1,6 Sekunden an.
Das Beschallungskonzept in der Lindenoper besteht aus Lautsprechern des Herstellers d&b audiotechnik angesteuert von systemspezifischen Endstufen mit integriertem DSP-Controller sowie 40 Meyer Sound MM-10-XP und 120 Meyer Sound MM-4 Miniature Wide-Range Lautsprechern in der passiven Version. ASC hat Meyer Sound UPA´s ergänzt, die flexibel auf Stativ mobil eingesetzt unterschiedliche zusätzliche Beschallungsszenarien ermöglichen. Nahezu unauffällig haben die Systemspezialisten 40 d&b E12 2-Weg-Hochleistungslautsprecher in die Beleuchterzüge der Saaldecke, der Portalbrücke und in die Nachhallgalerie integriert. In den Portalen hinter der bemalten schalltransparenten Stoffabdeckung befinden sich pro Seite vier d&b Yi10P Installationslautsprecher und zwei E8 Lautsprecher. Der Centercluster wurde mit sechs d&b T10 Lautsprechern realisiert. Über dem Proszenium, dem vordersten Bereich der Opernbühne, sorgen 12 d&b T-SUBs für den entsprechenden Bass im Saal. Für Einspielungen aus der Tiefe der Hinterbühne hat ASC jeweils rechts und links eine druckvolle Vi7p mit zwei V-SUBs installiert.
„Für besondere szenische Effekte haben wir eine 3D-Audioanlage von Astro Spatial Audio eingebaut, die über zwei SARA II Premium Rendering Engines betrieben wird“, erläutert Christoph Wegner, Projektleiter und Niederlassungsleiter von ASC Berlin. „Diese Engines sind je über 128 MADI Kanäle in das Nexus-Audioroutingsystem eingebunden und stehen sämtlichen Lautsprechern für die akustische Wiedergabe zur Verfügung. Die Ansteuerung der Anlage erfolgt in 128 vertikalen Lautsprechergruppen über die sogenannten Surround-Kanäle. Auf diese Art und Weise kann der Tontechniker zusätzliche Soundeffekte interaktiv in jede Richtung im Opernbetrieb steuern, wie zum Beispiel einen Chor über die Tonanlage inszenieren und den Saal als dritte Dimension nutzen. Das Ergebnis: Der Zuhörer wird akustisch in die Aufführung hineingezogen. Um ein allumfassendes Erlebnis zu generieren, können darüber hinaus Licht- als auch Videosysteme in die Anlage miteingebunden werden.“
Für die Probebühnen in der Lindenoper hat ASC neun mobile Medienracks geliefert, die mit einer Audio-/Video-Kreuzschiene IN 1608 von Extron als AV-Signalumschalter für Blu-Ray, CD-Zuspieler, Drahtlos-Mikrofonie und Zuspiel-PC bestückt sind. Werden die Racks an das IT-Hausnetz angeschlossen, besteht Zugriff auf selbst aufgezeichnete Mitschnitte im Haus. Hierfür verfügt die Staatsoper Berlin über drei Extron SMP 351 H.264 Streaming Media Prozessoren, welche für das Echtzeitstreaming der Kamerasignale sowie für Aufzeichnungen zur späteren Verwendung dienen.
Für die lückenlose Funkabdeckung in den verschiedenen, zum Teil voneinander entfernten Gebäudeteilen hat ASC als Infrastruktur ein Glasfaser-basiertes HF-Distributionssystem von The Wireless Works umgesetzt. Diese offene Glasfaserstruktur ermöglicht die Anbindung der verschiedenen Drahtlossysteme Drahtlosmikrofonie, Wireless Intercom und In-Ear Monitoring.
Um die Funksignale in der Staatsoper Unter den Linden mit hochauflösendem Klang stabil und ausfallsicher zu übertragen, installierte ASC ein 34-kanaliges Shure Axient Digital System. Aktuell noch in der AD-Variante, wird das 2017 vorgestellte Drahtlos-Flaggschiff von Shure in Kürze auf die fernsteuerbare ADX-Senderplattform umgestellt, um speziell beim Thema Betriebssicherheit keine Kompromisse eingehen zu müssen.
Tonmeister Christoph Koch: „Höchste Zuverlässigkeit und auch Ausfallsicherheit waren für uns wichtige Parameter der neuen Drahtlosanlage. Das wird einerseits durch die langen Batterielaufzeiten des Axient Digital Systems gewährleistet. Darüber hinaus sind wir schwer begeistert, wie schnell das Axient Digital System Funkstörungen erkennt, eine freie Frequenz aus der Backup-Liste auswählt und binnen Sekundenbruchteilen unhörbar wechseln kann. Auch im Hinblick auf die anspruchsvolle räumliche Situation in der Staatsoper Unter den Linden haben wir ein nachhaltiges, zukunftssicheres System für unseren facettenreichen Spielbetrieb favorisiert.“
„Die HF-Übertragungstechnik ist eine der besonderen Herausforderungen in diesem Projekt“, erläutert Stefan Thomsen, ASC Senior Sales Manager Kommunikations- und Informationssysteme. „Die verschiedenen Funksysteme Drahtlosmikrofonie, Wireless Intercom und In-Ear Monitoring werden in verschiedenen, zum Teil weit voneinander entfernten Gebäudeteilen genutzt. Dabei muss eine lückenlose Funkabdeckung gewährleistet sein. Das drahtlose Voll-Duplex Intercom System BTR-800 des Herstellers RTS erfordert dabei sogar eine bidirektionale Infrastruktur. Für die dafür notwendige, verlustfreie Übertragung sämtlicher HF-Signale in die verschiedenen Bereiche haben wir hier ein Glasfaser basiertes HF-Distributionssystem von The Wireless Works integriert. Neben der Bühne und dem Paulicksaal wird so auch das Foyer, der Apollosaal, eine Spielstätte innerhalb der Staatsoper für Lesungen und kleine Kammerkonzerte, und die Mitarbeitergänge über eine Glasfaser-Infrastruktur-HF-technisch an die zwei Technikzentralen angebunden.“
Info: www.shure.de , www.amptown-system.com
Staatsoper Unter den Linden (Fotos: Gordon Welters)